Der Meister steigt ab

In der gesamten Geschichte der deutschen Fußball-Bundesliga passierte es nur ein einziges Mal, dass der amtierende deutsche Meister in die zweite Liga abgestiegen ist. Ein Novum. Dieses Kunststück gelang dem 1. FC Nürnberg in der Saison von 1969. Noch ein Jahr zuvor, in der Saison 1967/1968, war die Freude bei den Franken riesig. Sie gewannen die deutsche Meisterschaft und es wurde ausgelassen gefeiert. Mit 47 Punkten und stolzen 71 geschossenen Toren setzte sich Nürnberg am Ende durch und verwies Werder Bremen auf den zweiten Tabellenplatz und die Borussen aus Mönchengladbach auf den dritten. Der FC Bayern München landete mit 38 Zählern auf dem fünften Platz. Zur Erinnerung: Zu jener Zeit gab es für Siege nur zwei Punkte und nicht drei, wie es heute der Fall ist. Der damalige Trainer Max Merkel wurde als Held gefeiert, viele Siege in der Saison wurden seiner taktischen Finesse zugeschrieben.

Nach dem großen Triumph wurde die neue Saison geplant und genau hier wurde die Unerfahrenheit des 1.FC Nürnberg überdeutlich. Es zeigte sich einmal mehr, dass es einfacher ist, an die Spitze zu gelangen, als an ihr dauerhaft zu verweilen. Rückblickend wurden die Gründe für den Abstieg in den Vorbereitungen für die neue Saison gesehen.

Besonders zwei Entscheidungen sollten dem einstigen Heilbringer Max Merkel zum Verhängnis werden: Zum einen gab er nach der gewonnenen Meisterschaft drei seiner wichtigsten Spieler ab, die als große Stützen für den Erfolg standen. Dies zog einen großen Umbruch im gesamten Kader mit sich, der anschließend nicht mehr so harmonisch und vor allem erfolgreich zusammen spielte wie während der Meister-Saison. 13 neue Spieler waren es insgesamt, die er versuchte, zu einer Mannschaft zu formen.

Damit sind wir auch schon beim nächsten folgenschweren Fehler Merkels, der eigentlichen Vorbereitung. Völlig übermotiviert und mit viel zu hohen Ansprüchen organisierte er eine Vorbereitung, die die gesamte Mannschaft körperlich völlig überforderte. Er setzte ein Höhentraining an und ließ die Mannschaft extreme Bergläufe auf über 2.500 Meter Höhe absolvieren. Nachdem die Mannschaft aus der Saisonvorbereitung zurückkehrte, war sie körperlich völlig fertig und physisch am Ende. Der Schuss ging für Max Merkel völlig nach hinten los. Sein Team kassierte eine Pleite nach der anderen und musste sich am Ende mit Tabellenplatz 17 begnügen, was den Abstieg bedeutete. Ein absoluter Hammer zur damaligen Zeit. Selbstverständlich wurde der Trainer ausgewechselt, aber der neue konnte das Problem natürlich nicht über Nacht lösen. Wie auch? Es stand für den Meister der Saison 1967/1968 ziemlich früh fest, dass er künftig um den Aufstieg spielen musste.

Ein Beispiel, das bis heute wirkt. Denn es zeigt, wie wichtig das Gesamtpaket für den Erfolg ist und dass Motivation zwar gut, aber zu viel davon auch kontraproduktiv sein kann. Erfahrung ist eine wichtige Komponente und sie sollte in allen Bereichen ausreichend vertreten sein, von der Führung des Vereins über die sportliche Leitung bis hin zu den Spielern.